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Fledermäuse
"Le Folgöet! Ja, Le Folgöet!"
Martin Gallun

Cover Dem Monster auf der blutigen Spur (13)

Ortschaften in der BretagneDie Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-FolgöetDie Salaün-Sage

Und hoch! Ortschaften in der Bretagne (Frankreich)

Erzähler: "Martins Eltern waren nicht da; sie waren nach Brignogan zum Essen gefahren - ohne ihn, weil er keine Lust gehabt hatte, ins vornehme Castle zu gehen, wo man ihm immer nur sagte, was er nicht tun durfte."

In dem alten Fischerort Brignogan (eigtl. Brignogan-Plages) gibt es das "Castel Regis", ein "gemütliches kleines Hotel mit gutem Service und guter Ausstattung an der östlichen Landzunge der Hafenbucht - die beste und schnuckeligste Adresse Brignogans liegt auch schön. 21 Zimmer, gutes Restaurant." (Grashäuser) - Läßt das nun auf mangelnde Französischkenntnisse beim Erzähler und der Regisseurin schließen, oder gab's schon beim Drehbuchschreiben einen Buchstabendreher, so daß das "Castel" in das "Castle" verwandelt wurde?

Martin: "Weißt du, ich hab' mich nicht sehr dafür interessiert. Wir haben Kirchen besichtigt, aber ich fand das langweilig." - Salaün: "Kirchen?! - Hast du die Lilie gesehen?" - Martin: "Die Lilie? - Ja, jetzt fällt's mir wieder ein. Das, das war in der Kirche bei ... Lesneven. - Nein, nicht Lesneven ... Le Folgöet! Ja, Le Folgöet!" - Salaün: "Wo ist das? Weit von hier?" - Martin: "Nein. Etwa zehn Kilometer."

 


 

Und hoch! Die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Folgöet

Jacques: "Wir vermuten, daß Salaün nach Le Folgöet will. Du weißt, in der Kirche Notre-Dame ist das Grab des Einfältigen Salaün." - Horst: "Würden Sie mir das bitte erklären? Was hat das zu bedeuten?" - Polizist: "Le Folgöet ist ein Wallfahrtsort."

Zitat "Ein Verrückter, ein Ave Maria und eine Lilie: aus diesen Zutaten werden hier Legenden gemacht, deren Anziehungskraft kurz vor der zweiten Jahrtausendwende nach Christi Geburt ungebrochen ist. Pünktlich am ersten Sonntag im September pilgern Scharen von Katholiken zum Pardon zu Ehren Salaüns, des heiligen Narren.
'Itron Varia ar Fol Coat' heißt die Wallfahrtskirche auf Bretonisch, 'Kirche Unserer Lieben Frau vom Narren im Wald', und jedes Jahr am 8. September wimmelt der Pardonplatz mit den zahlreichen Lokalen von Besuchern, die sich ameisengleich zu einem der berühmtesten Pardons der Bretagne eingefunden haben.
Der Rest des Jahres, ausgenommen die Mai-Sonntage und den letzten Sonntag im Juli, ist es still in Le Folgöet, der riesige Rasenplatz wirkt kahl, die Restaurants sind nur mäßig besucht. Sofort nach dem Fest ist der Ort wieder in seine tiefe Provinzialität versunken, die nur ein kirchenkunst- und legendeninteressiertes Publikum anlockt: Die Wallfahrtskirche, obwohl sichtlich von ihrem Alter und den Zerstörungen der Revolution mitgenommen, ist unter den vielen bretonischen Kirchenperlen eine besonders kostbare und der granitene Lettner im Inneren ein kleines Wunder aus behauenem Stein."
(Grashäuser)

Zitat "1364: Das Ende des bretonischen Erbfolgekrieges ist das Geburtsjahr der Wallfahrtskirche. Jean de Montfort hatte sich verpflichtet, im Falle seines Siegs über seine Thronwidersacher der Jungfrau Maria im Wald des Narren eine würdige Kirche zu stiften. 1364 hatte er die entscheidende Schlacht von Auray gewonnen, und versprochen war versprochen. 1423 beendete sein Sohn die Bauarbeiten an der Kirche über der Quelle Salaüns, und Pilger kamen in Strömen, das Wunderwerk zu bestaunen und andächtig vor dem Wunder der Lilie zu erschauern. Nur vier Jahre später brannte es in Le Folgöet, die Kirche wurde das erste Mal beschädigt, aber wieder restauriert und erfreute sich auch unter der klerikalen und weltlichen Prominenz großer Beliebtheit: Der Papst verlieh der Wallfahrtskirche den Titel 'Basilika minore', die Herzogin Anne liebte die Wallfahrt nach Le Folgöet, und zahlreiche französische Könige verliehen durch ihre wohlwollende Anwesenheit dem Pilgerort weitere Ehre. Bis auf Ludwig XIV. Der Sonnenkönig schenkte in seiner Raffinesse die Kirche den Jesuiten von Brest, von denen er genau wußte, daß ihnen Wallfahrten mit dem Ruch heidnischen Aberglaubens ein Dorn im wissenschaftlich geschulten Katholikenauge waren. Trauriger Höhepunkt des systematisch eingeleiteten Niedergangs war die Revolution: Die Kirche wurde geplündert, was im Sinne des neuen Geistes unbrauchbar oder ganz einfach zu schwer war, wurde zerstört, der Innenraum zum riesigen Schweinestall umfunktioniert.
Die ansässigen Bewohner konnten sich nicht mit diesem erbärmlichen Zustand ihrer Kirche abfinden. Einige Bauern der Gegend schlossen sich zusammen und kauften das Objekt, das zum Abbruch vorgesehen war. Notdürftig gesäubert, die Reste des Mobiliars und die gerettete Madonnenstatue hineingestellt, wurden die Pardons wieder aufgenommen, als sei nichts gewesen. Als gar Kunsthistoriker aus der fernen Hauptstadt Paris feststellten, daß die Kirche ein erhaltenswertes Gesamtkunstwerk sei, wurden Mitte des 19. Jh. großzügig Gelder zur Verfügung gestellt, mit denen eine umfassende Restaurierung finanziert werden konnte.
Von Frühjahr bis Herbst finden mehrere Pardons in Le Folgöet statt. Am 1. Septembersonntag pilgern etwa 20.000 Menschen zum Grand Pardon de Notre-Dame-du-Folgöet. Fällt der 8. September auf einen Sonntag, ist dies der Wallfahrtstag.
Ihr Wagen macht Schwierigkeiten? Wir empfehlen am 4. Sonntag im Juli die Wallfahrt zu Ehren des Hl. Christopherus inkl. Segnung der Kraftfahrzeuge. Jeden Sonntag im Mai, dem Monat der Jungfrau Maria, finden in Gegenwart von etwa 3000 Pilgern Weihemessen statt, Pemp-Sull genannt."
(Grashäuser)

 


 

Und hoch! Lokaler Sagenstoff: Die Salaün-Sage

Polizist: "Le Folgöet ist ein Wallfahrtsort." - Jacques: "Ja." - Polizist: "Der Legende nach geht die Wallfahrt auf den Einfältigen Salaün zurück, der dort begraben ist. Aus dem Grab dieses Salaün wuchs eine weiße Lilie, in der die Marienanrufung in goldenen Buchstaben geschrieben sein soll." - Horst: "Ja, und? Was hat das alles zu bedeuten?" - Polizist: "Es heißt, daß man das Grab des Salaün geöffnet und dabei festgestellt hat, daß die Lilie aus seinem Munde wuchs. Darauf kam es zu einem Zustrom von Pilgern, und über dem Grab wurde die Kirche Notre-Dame errichtet." - Jacques: "Ja." - Horst: "Dann ist diese Namensgleichheit zwischen dem legendären Salaün und dem Mutanten nicht zufällig?" - Polizist: "Warum haben Sie Ihren Sohn Salaün genannt, Monsieur Pouliguen?" - Pouliguen: "Ja, warum ... Wir merkten schon bald, daß er schwachsinnig war, und schon in jungen Jahren formte er aus Steinen Lilien. Das war der Grund."

Zitat "Folgöet - der Wald des Narren - heißt die Gemeinde seit dem bezeugten Wunder der beschriebenen Lilie. Im frühen 14. Jh. lebte hier Salaün im Wald, elternlos, gutmütig, zurückgeblieben, zu nichts nutze. Die Leute mochten ihn, versuchten sogar, ihm schulisch weiterzuhelfen, vergeblich: Salaün war und blieb blöde, wohnte allein an seiner Quelle, wo er sein zusammengebetteltes Brot verzehrte und das einzige, was er je sagte, war 'O itron guerhet Mari' - Gegrüßet seist du, erhabene Maria (das Ave Maria). Bei jeder Gelegenheit, immer freundlich lächelnd, gab er Zeit seines Lebens nur den Anfang des Englischen Grußes von sich. Mit vierzig Jahren starb der Narr am Rande der Gesellschaft, er wurde beerdigt, und bald darauf geschah es: Aus seinem Grab wuchs eine nie gesehene Lilie, und ganz in Gold standen die Worte 'Ave Maria' auf den Blütenblättern. Menschen waren schon immer neugierig, so wurde der Sarg geöffnet. Als jeder sehen konnte, daß die Lilie im Mund des Salaün entsprang, begann die Verehrung des gottgefälligen Verrückten, durch den der Himmel ein Zeichen setzte."
(Grashäuser)

Zitat "Salomon, bretonisch Salaün, lebte in der 1. Hälfte des 14. Jh. bei Lesneven. Er war nicht in der Lage, zur Schule zu gehen, und begriff fast nichts. Das einzige, was er in seiner Muttersprache sagte, war: 'Stroun guerbez Vari', was soviel wie 'Ave Maria' bedeutete. Salaün - da ihn alle nur verspotteten - zog ganz allein in den Wald und lebte dort unter einem Baum. Er trank aus einer Quelle, badete auch in ihr und sang dabei laut seine Gebete an die Hl. Jungfrau. Die Dorfbauern schenkten ihm Brot und bemitleideten ihn. Er hieß nur 'le fou', der Narr. Als ihn einmal Soldaten überfielen und fragten, ob er für Blois oder für Montfort wäre, und er immer nur von der Jungfrau Maria erzählte, lachten sie und ließen ihn laufen. Im Jahre 1358 starb Salaün. Und nun berichtet die Legende, daß plötzlich mitten im November dort im Wald, wo er beerdigt lag, eine wunderbar duftende Lilie auf seinem Grab wuchs, auf deren Blütenblättern in goldener Schrift ganz deutlich 'Ave Maria' zu lesen war. Man forschte nach und entdeckte, daß die Wurzeln der Lilie geradewegs aus dem Mund des Toten wuchsen. Die Kunde verbreitete sich in Windeseile in der ganzen Gegend. Die Kirche verifizierte das Wunder. Über der Quelle des Salaün wurde bald darauf die der Jungfrau Maria geweihte Kirche Le Folgöet erbaut, die dann zu dem beliebten Wallfahrtsort wurde."
(Knaur)

Salaün: "Ich muß das Weihwasser trinken. Das Wasser aus der Fontaine de Salaün." - Martin: "Das Wasser aus der Fontäne des Salaün?" - Salaün: "Es wird mich in einen anderen Menschen verwandeln, der nicht größer ist als andere. Es wird den Fluch von mir nehmen. Aber ich weiß nicht, wo die Fontaine de Salaün ist!" - Martin: "Wart' mal ... die Fontäne des Salaün? Das hab' ich doch schon gehört! Ja, deshalb kommt mir dein Name so bekannt vor."

Zitat "Mit den Ausmaßen einer kleinen Kathedrale liegt die Kirche an ihrem weiten Platz gegenüber vom alten Pfarrhaus und der angegliederten Pilgerherberge. [...] Auf der Nordseite der Kirche fließt Wasser aus einem unscheinbaren Brunnen mit Marienfigur, an der die Pilger trinken und mitgebrachte Behälter abfüllen: Die Quelle soll genau unter dem Hauptaltar liegen und schon Salaün zur Labung gedient haben."
(Grashäuser)

Zitat "An der aufwendig gestalteten Südfassade posieren Statuen und Skulpturen, Schmuckwerk und eine Sonnenuhr verzieren das Mauerwerk, fein wie Spitze gemeißelte Granitemporen, schlanke Türmchen und Wimpergen sorgen für die aufstrebende Eleganz.
Im Kirchenschiff filtern die farbigen Fenster in der Apsis und der Heiligkreuzkapelle das Tageslicht; die große Fensterrose hoch oben in der Chorwand, ein Symbol der göttlichen Sonne, verwandelt das Licht in dunkle Blautöne und läßt es gedämpft auf die Statuen, Altäre und den Granitlettner fallen. [...] Wie am Lettner gehört in der ganzen Kirche das Lilienmotiv zum Grunddekor, werden immer wieder Szenen aus dem Leben des Narren geschildert, an den Fenstern auf buntem Glas, an der Predigtkanzel in Eiche geschnitzt; Salaün beim Balanceakt an einem Baum, Salaün wird von zwei Soldaten kontrolliert, die Heilige Anna erscheint dem Narren, prächtig sprießt die wundersame Lilie aus Salaüns Grab. Der Humor kommt bei den Salaün-Geschichten nicht zu kurz.
Neben dem Lettner beten Fürst und Mönch (Skulpturen), auf einem Altar rechts die wundertätige Madonnenstatue der Schwarzen Maria von Le Folgöet. Über der Quelle, an der Salaün gewohnt hat, der Hauptaltar, hinten an der Chorwand weitere fünf Altäre aus dem blau-schwarzen Granit von Kersanton, eine stark ramponierte Ölleinwand mit Salaüns Grab hängt an der rechten Seite des Schiffs."
(Grashäuser)

Fledermaus "Horst, ich will hier weg, sofort, ich bleibe keine Minute länger! Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!" (Silvie Gallun)

 


 

Literatur Als Zitat-, Informations- und Bilderquelle dienten:

Jochen Grashäuser / Walter Schäffer: Bretagne, Erlangen 1991 (Michael Müller-Verlag)
Marianne Mehling (Hrsg.): Knaurs Kulturführer in Farbe - Bretagne, München 1988
 

© Die Gruselseiten (13. November 1998)