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Zu Gast im Geisterhof Zu Gast im Geisterhof
 

 • Die Ankunft
 • Es ist Nacht
 • Auf zum Schloss
 • Es spukt
 • Das Zimmer 9
 • Die Geisterstunde

Autor dieser Szene: Karsten Sommer
 

Die Geisterstunde

Tom rüttelt am Türgriff.

Tom: Verdammt noch mal, warum geht denn diese verdammte Tür nicht mehr auf?!
Eireen: (nervös) Ooooh Toom, mach' doch irgendwas. Es ist so finster hier drin. Die Tür war doch eben noch offen.
Tom: (betätigt mehrmals den Lichtschalter) Jetzt beruhig' dich doch mal, Eireen. Ich kann ja auch nichts daran ändern, dass die Tür nicht mehr aufgeht.
Eireen: Kannst du die Tür nicht eintreten?
Tom: Eireen, die Tür öffnet nach innen. Da brech' ich mir ja meinen Fuß, wenn ich dagegen trete. Nein, nein, die Tür ist bestimmt nur verklemmt. Wenn ich nur ein bisschen Licht hätte, könnte ich was sehen. Vielleicht liegen ja Streichhölzer auf dem Nachttisch. Ich schau' mal nach.
Eireen: Tom Fawley, lass' mich nicht allein zurück.
Tom: Zerr' doch nicht so an meiner Hose. Wir sind doch beide im selben Raum. Was soll da schon passieren?

Das Wimmern einer Frau ertönt.

Eireen: (erschrickt) Tom, hast du das gehört? Das Wimmern. Es ist wieder da.
Tom: Ja, ich habe es auch gehört. Da! Da, ist es wieder. Es klingt, ja, es klingt wie das Weinen einer Frau!
Eireen: Und du wolltest mir nicht glauben, du Esel.
Tom: Bei deiner ausgeprägten Phantasie ist das ja auch kein Wunder. Ich frage mich nur, wo dieses Wimmern herkommt. Vielleicht lässt ja jemand ein Tonband laufen.
Eireen: Und steht dafür mitten in der Nacht auf? So ein Quatsch.
Tom: Wir müssen alle Möglichkeiten einbeziehen, Eireen, und uns nicht von ... Aaaaaaah!

Poltern.

Eireen: Tom, was ist passiert? Tooom?
Tom: (stöhnt) Aaaaah, mein Hintern. Ich bin ausgerutscht. Au, und genau auf die gleiche Stelle gefallen wie gestern abend. Oh Mann, tut das weh.
Eireen: Wo bist du? Ich helfe dir auf.
Tom: Lass nur, Eireen, ich komme schon alleine hoch. Au, aaah, mein Hintern. Pfui, was ist denn das? Hier ist ja alles nass!
Eireen: Tom, du hast dir doch nicht etwa ...?
Tom: Eireen, werd' nicht ulkig. Ich sitze hier in einer Pfütze Wasser, übelriechendem Wasser wohlgemerkt. Hier muss jemand vor Tagen etwas verschüttet haben. Kein Wunder, dass uns der Wirt das Zimmer nicht geben wollte.

Schaurige Musik

Eireen: (flüstert) Tooom, da drüben. Am Fenster. Eine Frau.
Tom: Tatsächlich. Sie ist durch das Mondlicht deutlich zu sehen.
Eireen: Als wenn der Mond extra für sie scheinen würde. Und die Kleider, die sie trägt.
Tom: Die sind schon lange aus der Mode. So was trägt heute niemand mehr.
Eireen: (erschrickt) Sieh nur, sie hebt ihren Arm und zeigt mit dem Finger aus dem Fenster.
Tom: Das ist doch alles nicht wirklich. Ich mache diesem Spuk jetzt ein Ende.
Eireen: Nein, Tom, bleib hier.
Tom: Eireen, da verulkt uns doch einer. Ich ...
Eireen: (schreit) Tom! Sie kommt auf uns zu!
Tom: Was?!
Eireen: Sie greift nach uns! Hilfe!
Tom: Ich ... Nichts wie raus hier!

Tom rüttelt an der Tür.

Tom: Verdammt! Geh' schon auf!
Eireen: Tom, beeil' dich doch!
Tom: Ja, ich mach ja so schnell ich kann. Aber die Tür will ... jetzt ist sie auf!

Tür öffnet sich quietschend.

Eireen: Lass mich hier raus!

Schnelle Schritte auf Holzboden. Schnelle Schritte auf Treppe. Eine Holztür wird geöffnet und zugeschlagen. Schnelle Schritte auf Kies. Wagentüren werden geöffnet und zugeschlagen.

Eireen: Tom, worauf wartest du denn?! Lass' den Motor an!
Tom: Ich kann nicht!
Eireen: Tom, mach' keine Witze! Lass den Motor an!
Tom: Es geht nicht. Ich hab' doch gar keine Schlüssel dabei.
Eireen: Oh Tom, wie kannst du denn nur die Schlüssel vergessen?
Tom: Ja, wie wohl?! Ich bin doch im Schlafanzug. Da hab' ich auch keine Schlüssel drin. Die sind in meiner Hose und die hängt über dem Stuhl in meinem Zimmer.
Eiren: Oh Tom, dann hol' die Schlüssel!
Tom: Warte doch mal, Eireen. Wir haben doch gar nichts dabei. Unsere Klamotten sind noch alle auf dem Zimmer. Lass' uns wieder reingehen.
Eireen: Du glaubst doch nicht, dass ich noch einen Fuss in dieses Haus setze.
Tom: Aber ich bin doch bei dir.
Eireen: Du bist doch noch viel schneller gerannt als ich.
Tom: Ich bin eben der bessere Läufer. Lass uns wieder reingehen. Da hat uns doch bestimmt einer zum Narren gehalten.
Eireen: Tom? Ich habe mir gerade fast in die Hose gemacht.
Tom Du trägst eine Hose unter dem Nachthemd?
Eireen: Idiot. Du weisst ganz genau, was ich meine.
Tom: Eireen, da führt uns doch einer vor.
Eireen: Aber warum sollte das jemand tun? Was gibt es für einen Grund, uns aus dem Gasthof zu vertreiben?
Tom: Das weiß ich auch nicht, zum Teufel. Es gibt eine ganz vernünftige Erklärung für all das hier und wir werden diesen ganzen Hokuspokus aufklären.
Eireen: Ich will aber viel lieber heute nacht noch von hier verschwinden.
Tom: Auf keinen Fall, Eireen. Wir sind hier wegen einer Story und werden herausfinden, was es mit diesem "Geisterhof" auf sich hat. Ich lasse mich nicht mehr ins Bockshorn jagen.
Eireen: Dann schlafe ich aber heute nacht mit in deinem Bett. Aber lass' deine Finger bei dir.
Tom: Selbstverständlich, holde Jungfer. Aber lass uns vorher nochmal einen Blick in das Zimmer werfen.
Eireen: Ohne mich, Tom Fawley. Ich gehe nicht noch einmal in das Zimmer.
Tom: Dann bleib eben draußen. Ich schaue mir das ganze nochmal an. Und dazu nehme ich meine Taschenlampe mit. (sucht im Handschuhfach) Ah, hier ist sie ja. So. Lass uns reingehen.

Wagentüren öffnen und schliessen sich. Schritte über Kies. Holztür öffnet und schliesst sich. Schritte über Holzboden.

Eireen: (erstaunt) Du, Tom, der Wirt ist ja schon wach.
Tom: Dann werde ich doch gleich mal fragen, was da oben im Zimmer 9 los ist. Hallo, Herr Wirt, ich habe da mal eine Frage.
Eireen: (erschrickt) Warte, Tom.
Tom: Was ist denn los?
Eireen: (flüstert) Tom, das ist nicht der Wirt. Das ist jemand anderes. Du, ich glaube, mit dem stimmt etwas nicht. Der hat ja alle Schranktüren aufgerissen.
Tom: Ein Einbrecher?! Warte, Kerl, du beklaust uns nicht!
Eireen: (flüstert) Pass bloß auf, Tom.
Tom: Heh, Sie! Was machen Sie da?!
Eireen: (ängstlich) Tom? Es wird plötzlich so kalt!

Schaurige Musik.

Geisterwirt: Habe ich dir nicht gesagt, dass du dich schicklich kleiden sollst? Die Burschen schauen dir alle auf die Brüste. Und verschütt' nicht immer den Schnaps. Das kostet alles Geld. Elendes Weib. Ich werd' dir schon zeigen, was sich gehört.
Eireen: Tooom? Das ist kein Einbrecher. Das ist ein Verrückter! Sieh nur! Seine Augen.
Tom: Die Augen eines Wahnsinnigen.
Geisterwirt: (zornig) Du nimmst mir nicht mein Weib, Elender. Hast ihr schon immer nachgestellt. Beobachtet hab' ich euch. Warte, Bursche. Vorher schneid' ich euch die Gurgeln durch.
Eireen: Tooom! Der kommt auf uns zu. Der will uns umbringen.
Tom: Eireen, lauf! Ich versuche, ihn aufzuhalten. Bleib stehen, Kerl!

Ein Knall. Glas zersplittert.

Eireen: (schreit) Tooom!
Tom: (keucht) Alles in Ordnung, Eireen. Ich ... ich habe die Taschenlampe nach ihm geworfen.
Eireen: Hast du ihn getroffen?
Tom: Nein ... ich meine, doch.
Eireen: Was denn nun? Ja oder nein? Und wo ist der Kerl überhaupt hin?
Tom: Er ist verschwunden.
Eireen: Das sehe ich auch. Aber wohin ist er verschwunden?
Tom: Ich sagte doch, er ist verschwunden. Einfach so.
Eireen: (mit zittriger Stimme) Waas?
Tom: Ja. Als ob die Taschenlampe durch ihn hindurch ...
Eireen: Tooom?
Tom: Nein, das kann nicht sein!
Eireen: (zischt) Tom!
Tom: Was ist denn!
Eireen: Die Schranktüren sind alle wieder zu.
Tom: Das ist ja zum Verrücktwerden hier. Ich will wissen, was hier los ist, zum Teufel! Ich nehme mir jetzt meine Taschenlampe und gehe zu diesem Zimmer. Wo ist sie denn?! Sieh' dir das an. Das Glas ist zerbrochen.
Eireen: Funktioniert sie noch?
Tom: Mal schauen. (Schalter klickt) Ja, tatsächlich. Sie funktioniert. Komm, Eireen.
Eireen: Nicht so schnell, Tom.

Schritte über eine Treppe und über Holzboden.

Eireen: Die Tür ist zu!
Tom: Muss ich wohl zugeschmissen haben, als wir so überstürzt abreisen wollten.

Tom rüttelt an der Tür.

Tom: Sie geht nicht auf.
Eireen: Vielleicht ist sie wieder verklemmt.
Tom: Vielleicht. Warte, ich werfe mich mal dagegen.

Tom wirft sich gegen die Tür.

Tom: Nichts.
Gast: Heh, was machen Sie denn da für einen Lärm?!
Eireen: (flüstert) Der Gast aus Zimmer 2.
Tom: (räuspert sich) Ähm, ich habe mich ausgesperrt. Jetzt komme ich nicht mehr in mein Zimmer.
Eireen: Oh, Liebling, das ist ja gar nicht deine Zimmertür.
Tom: Ach, äh, nicht? Oh, tatsächlich. Kein Wunder, dass sie nicht aufging. Mein Zimmer ist ja daneben. Na so was.
Gast: Ich werde mich beim Wirt beschweren. Das ist eine Unverschämtheit, so die Nachtruhe zu stören. Und es ist nicht das erste Mal!

Der Gast schmeißt die Tür zu.

Tom: So was Dummes. Na, damit wäre dieses Abenteuer für heute nacht beendet.
Eireen: Für mich war das auch Abenteuer genug. Lass uns ins Bett gehen, Tom.

Musik

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Fortsetzung:

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© Die Gruselseiten (26. September 2004)