Schriftzug

 


Zu Gast im Geisterhof Zu Gast im Geisterhof
 

 • Die Ankunft
 • Es ist Nacht
 • Auf zum Schloss

Autor dieser Szene: Karsten Sommer
 

Auf zum Schloss

Ein sonniger Tag in einer alpinen Ferienregion. Ein Auto fährt über eine Gebirgsstraße.

Tom: (pfeift eine Melodie)
Eireen: Ist es nicht herrlich hier draußen, Tom? Es ist so ganz anders als das typische englische Wetter, wie wir es kennen. Wir sollten öfter mal ins Salzburger Land fahren. Die herrlichen Berge und die frische Luft. Da kriegt man gleich Lust auf mehr. (kichert)
Tom: Ich stelle fest, dass ein kleines Nickerchen wahre Wunder bewirken kann. Wie gut, dass du dich nach dem Frühstück nochmal aufs Ohr gehauen hattest. Ansonsten wärst du ja nicht zu ertragen.
Eireen: (heiter) Ja, so tief und fest schlafe ich nicht einmal nachts. Danke, dass du mir ein paar Brote geschmiert hast. Nach dem Nickerchen hatte ich Hunger wie ein Bär.
Tom: Bitte schön, mein Engelchen. Ich bin ja froh, dass du jetzt nicht mehr so griesgrämig bist. Ich weiß gar nicht, ob ich das ein ganzes Leben lang aushalten könnte.
Eireen: Darüber hättest du dir im klaren sein müssen, bevor du mir den Antrag gemacht hattest. Der ja ganz nebenbei auch nicht gerade sehr romantisch war. Du hättest ja wenigstens meinen Vater anrufen und um meine Hand anhalten können, so wie es sich für einen englischen Gentleman gehört.
Tom: (brummt) Du weißt doch, dass ich es nicht so gut mit deinem Vater kann und ganz davon ab. Ich verbringe schließlich mehr Zeit mit dir als er. Er müsste mich also bitten, dich zu heiraten.
Eireen: Hast du Töne. Das sind ja ganz neue Sitten. Tom Fawley, nur weil ich ein aufgeschlossenes und neumodisches Mädchen bin, heißt das nicht, dass ich jegliches, romantisches Gefühl verloren habe. Frauen haben nun mal Wünsche und Bedürfnisse, und ein ordentlicher Antrag gehört eben dazu.
Tom: Naja, ganz so unromantisch bin ich ja nicht. Ich habe dich schließlich zum Essen eingeladen und ...
Eireen: Das war ein Hamburger mit Chips auf der Fähre nach Dover! Da kann man nicht gerade von einem Gala-Diner sprechen.
Tom: Die Chips waren aber schön kross, das musst du zugeben.
Eireen: (seufzt) Und der Hamburger ganz schön blutig. (angeekelt) Mir dreht sich gleich wieder der Magen um, wenn ich nur daran denke.
Tom: Du bist einfach zu pingelig. Ein ordentlicher Hamburger muss auch ordentlich schmecken und dafür muss er nunmal blutig sein. Bei einem Steak sagt man auch "englisch" dazu.
Eireen: Dass bei dir immer alles mit Blut zu tun haben muss. Fang bitte nicht wieder von den Mücken an, du verkappter Blutsauger.
Tom: (faucht) Pass auf, dass ich diese Nacht nicht in dein Zimmer geflogen komme und dich nach alter Vampirtradition vernasche.
Eireen: Da wirst du dir aber die Zähne ausbeißen, mein Lieber. Ich bin, wie gesagt, ein romantisches Mädchen und vor der Hochzeitsnacht läuft gar nichts.
Tom: Ooooh, nicht mal ein klitzekleines bisschen?
Eireen: Nicht mal ein allerklitzekleines, mein Lieber.
Tom: Dann muss ich mich heute abend wohl oder übel mit ein paar kühlen Blonden begnügen. Vielleicht verliebe ich mich ja, wer weiß.
Eireen: Ja, in die Kloschüssel. Soll ich dich mal an deine letzte innige Beziehung mit der bleichen Dame erinnern?
Tom: Bitte nicht, da dreht sich nämlich mir gleich wieder der Magen um. Wir sind übrigens da.

Das Auto hält mit quietschenden Reifen an. Türen werden zugeschlagen.

Eireen: Oh, Tom, ist das nicht romantisch? Stell' dir vor, du wärst der edle Ritter und ich die holde Jungfer. Dort oben in dem Turmfenster würde ich stehen, und du mit einer Laute würdest mir auf Knien ein Ständchen bringen.
Tom: Na, dir hat's wohl jetzt ganz den Verstand geraubt. Ich zieh' mir doch nicht die Narrenkappe an und mach' mich zum Kasper. Wir gehen hier einer Spur nach, Liebes, und machen schließlich keinen Traumurlaub. Ist ja auch kein Schlosshotel. Unser Traumurlaub findet nun mal in Andalusien statt und vorher nicht.
Eireen: Tom, du bist manchmal ein richtiges Scheusal.
Tom: Aber ein knuffiges. Und jetzt lass' uns loslegen. Wo ist denn nun wieder meine Kamera?
Eireen: Die hast du doch im Schloss Mordabrunn liegen lassen, nachdem wir so überstürzt abgereist sind. Darum sind wir doch auch wieder dahin gefahren, nur um deine allerliebste und hochwertige Kamera zurückzuholen.
Tom: Quatsch! Wir sind nochmal dorthin, um nach Dr. Frankenstein zu suchen, den wir ja schließlich nicht mehr vorgefunden haben, genausowenig wie die Laborausrüstung, die sich im Schloss befunden hatte. Wer weiß? Vielleicht fotografiert der Doktor jetzt seine Fortschritte in der Züchtung eines künstlichen Menschen aus der Retorte, wie er es damals so schön umschrieben hatte, mit meiner tollen Kamera. Und außerdem habe ich mir eine neue Kamera gekauft.
Eireen: Ach, davon weiß ich ja gar nichts. Wann ist das denn geschehen? Und wollten wir nicht für unseren Urlaub sparen und für das Haus und ...
Tom: Jetzt halt' doch mal den Schnabel! Ich bin zu unserem Chefredakteur gegangen, hab' ihm wie sonst auch Honig ums Maul geschmiert und ihm erzählt, dass meine alte Kamera zu Bruch gegangen ist. Daraufhin hab' ich von ihm einen Scheck mit einer zumindest befriedigenden Summe erhalten und davon meine neue Ausrüstung erstanden. Zufrieden?
Eireen: Und warum erfahre ich das erst jetzt? Und vor allem: warum sind wir dann zum Kuckuck nochmal im wahrsten Sinne des Wortes in die Karpaten gefahren?
Tom: Das hab' ich doch eben ... das ist ja zum verrückt werden mit dir. Da red' ich mit dir doch gar nicht mehr drüber.

Musik

Nach oben!
Fortsetzung:

 Es spukt

 Willst Du eine neue Fortsetzung verfassen?
 Beachte vorher bitte die Hinweise in der Schreibstube!


© Die Gruselseiten (06. Juni 2004)