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Zu Gast im Geisterhof Zu Gast im Geisterhof
 

 • Die Ankunft

Autor dieser Szene: Anonymus
 

Die Ankunft

Musik ("Horror Theme")

Abendliche Atmosphäre in einer alpinen Ferienregion. Ein Auto nähert sich und hält. Zwei Türen werden zugeschlagen. Schritte auf Kies.

Tom: Warum um alles in der Welt beginnen fast all unsere Dienstreisen in einem Gasthof?
Eireen: (amüsiert) Hm. Weil du die Honorare unserer letzten Bombenstory nicht für die Anzahlung eines Campingbusses verwenden wolltest.
Tom: (stöhnt)
Eireen: Statt dessen haben wir weder Kosten noch Mühe gescheut, um erneut nach Transsilvanien zu reisen und im Schloß Mordabrunn -
Tom: - nichts zu finden. Ich weiß.
Eireen: Nichts als ein leeres Gemäuer.
Tom: Leer wie mein Magen.
Eireen: In Campingbussen gibt es Kühlschränke, in unserer Klapperkiste leider nicht.
Tom: Das nächste Honorar kommt auf die hohe Kante, Schätzchen ...
Eireen: Ach nee.
Tom: Wollen wir wetten?

Die beiden betreten die Schenke des Gasthauses. Vereinzeltes Gemurmel ringsum. Schritte.

Tom: Ach, da ist ja auch der Herr Wirt, guten Abend!
Wirt: N'Abend!
Tom: Wir hatten vorhin miteinander telefoniert. Das Fremdenverkehrsamt in St. Michael gab mir Ihre Nummer. Ich hatte mich nach freien Zimmern erkundigt.
Wirt: Stimmt, ich erinnere mich. Leider wurde die Verbindung unterbrochen.
Eireen: Richtig. (grinst) Sie müssen entschuldigen, mein Gefährte hatte zu wenig Geld eingeworfen. Und dabei rief er mir vorher noch zu: "Halt den Mund, ein Schilling ist schon viel zu viel!"
Tom: Es lebe das Pfund!
Eireen: (zischt) Tom, du vergißt, wo du bist.
Tom: Stimmt. Wo sind wir hier eigentlich?
Wirt: Im Lungau.
Tom: Ja, das weiß ich, aber wie heißt die Gemeinde?
Wirt: Unternberg.
Tom: Hm. Ist es weit zum ... Schloß?
Wirt: (hastig) Zum Schloß?
Tom: Ja ...
Wirt: Fahren Sie die Dorfstraße hundert Meter bis zur Tennisplatzanlage. Dahinter biegen Sie an der Kreuzung rechts ein und fahren dann die kleine, sich die Anhöhe hochwindende Straße hinauf. Sie können es nicht verfehlen, es ist sehr gut ausgeschildert. Aber fahren Sie morgen früh nicht vor 8.30 Uhr los, die erste Führung beginnt erst um neun.
Tom: (verblüfft) Sie ... Sie sagen uns, wo es zum Schloß geht? Sie weisen uns nicht ab?
Wirt: Nein, wozu auch?
Tom: Einem Wirt, der mir eine solche Antwort gibt -
Eireen: Meinem verdutzten Gefährten ist die Bedeutung des hiesigen Tourismus noch etwas fremd, und deshalb -
Tom: Eireen, ich laufe gleich auf Hochtouren, wenn du -
Eireen: (lacht) Also: Haben Sie zwei Zimmer frei?
Wirt: Zwei?
Tom: Von mir aus auch eins!
Eireen: Zwei!
Wirt: Sie scheinen zu wissen, was Sie wollen.

Zwei Schlüssel klirren.

Wirt: Zimmer Eins für die Dame, Zimmer Zehn für den Herrn.
Tom: Oh Gott, geht's nicht noch weiter auseinander?
Eireen: Tom!
Wirt: Die Zimmer liegen einander gegenüber. Wenn Sie sich dann noch bitte ins Gästebuch eintragen wollen, es ist nur eine Formalität ...

Der Wirt schiebt Tom das Gästebuch hin.

Tom: Eireen und Tom Pe-ter-sen ...
Eireen: (flüstert erbost) Tom, laß den Quatsch!

Tom gibt dem Wirt das Gästebuch zurück und legt einige Geldscheine auf die Theke.

Tom: Reicht das fürs erste?
Wirt: Ja, danke. - Sie werden Ihren Urlaub genießen.
Tom: Ja, sicherlich. Allerdings erst in zwei Monaten.
Wirt: Sie bleiben so lange?
Tom: Wie? Oh nein, (lacht) wir sind nicht zum Ausspannen hier.
Wirt: Ach.
Tom: (bissig) Sie können uns nicht umstimmen, Herr Wirt, unser Urlaub ist bereits gebucht. Drei Wochen Andalusien! Herrliche Gegend.
Eireen: (über Toms respektloses Verhalten verärgert) Tom, komm ...
Tom: Aber vorher müssen wir noch einigen Spuren nachgehen. Erst die Arbeit, dann das -
Eireen: Tom, wir holen das Gepäck.
Tom: Wir? Wieso wir?
Wirt: Spuren?
Eireen: (zischt) Los, Tom!

Schritte

Tom: (ruft im Gehen quer durch den Schankraum) Von den Spuren erzähle ich Ihnen morgen! Ich habe auch einen Ferienprospekt von Andalusien dabei! Müssen Sie sich direkt mal ansehen, das wär was für Sie!

Die Tür knallt ins Schloß. Abendliche Atmosphäre in einer alpinen Ferienregion. Schritte auf Kies.

Eireen: Du bist un-mög-lich. Da steigen wir in einem hochgradig vom Tourismus abhängigen Dorf ab, und du schwärmst von Urlaub in Spanien! Laß uns weiterfahren, Tom.
Tom: Hm?
Eireen: Wenn wir den Laden wieder betreten, wuah ... die werden uns lynchen.
Tom: Weiterfahren!? Ich denke gar nicht dran. Schließlich habe ich bereits im voraus bezahlt.

Sie sind am Wagen angekommen. Der Kofferraum wird geöffnet. Während des folgenden Dialogs holen sie ihre Taschen heraus.

Tom: Findest du das nicht merkwürdig?
Eireen: (entnervt) Was?
Tom: Hast du dir nicht das Schlüsselbrett angesehen, das an der Wand hinter der Theke hängt?
Eireen: Ts! Ein ganz normales Brett mit -
Tom: Zehn Haken. Neun Schlüssel hingen.
Eireen: Schon mal was von Nebensaison gehört?
Tom: Nur der Schlüssel Nr. 2 fehlt.
Eireen: Ja. Ein Gast aus Norddeutschland. Das stand doch im Gästebuch.
Tom: Eben. Ein Gast. Und dem Herrn Wirt fällt nichts Besseres ein, als uns zwei gegenüberliegende Zimmer in der Nähe dieses Gastes zu geben? Wie wäre es mit Zimmer 5 und 6 gewesen, weit weg von Nr. 2? Du, wenn der Typ schnarcht -
Eireen: (nachdenklich) Jetzt, wo du's erwähnst ... hat der Wirt nicht kurz gezögert?
Tom: Wie meinst du das?
Eireen: Zuerst griff er sich den Schlüssel mit der Nr. 10. Dann bewegte sich seine Hand kurz nach links, als ob sie die Nr. 9 greifen wollte, aber dann schnappte er sich plötzlich die Nr. 1.
Tom: Bevor du duschst, Mädchen, würde ich die Wand nach Löchern absuchen.
Eireen: (verunsichert) Tom, was soll das bedeuten?
Tom: (lacht) Naja ... Es bedeutet zumindest, daß der Wirt nicht wollte, daß unsere Zimmer nebeneinander liegen. Also, unser Trauzeuge wird der ganz bestimmt nicht.
Eireen: Trauz-? Ach ja. (grinst) Dieser Spur müssen wir ja auch noch nachgehen, bevor wir nach Spanien fahren ...

Kofferraum wird geschlossen. Schritte auf Kies.

Musik

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Verschiedene Fortsetzungen:

 Die erste Nacht
 Der Finsterling
 Der Nachbar
 Es ist Nacht

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© Die Gruselseiten (06. Januar 2001)