Schriftzug

 Fledermäuse 
"Zur Hölle mit diesem Schörgen-Toni!"
(Kurt Krohn in "Der Pakt mit dem Teufel")

Schloß Der Geist des Schörgen-Toni

In die dunklen Fluten des Rotgüldensees hineingebannt, hauset der ruhelose Geist des Schörgen-Toni. Dieser war Gerichtsscherge auf der Pflege zu Moosham und als ein arger Bösewicht und Menschenschinder verschrien. Als das Maß seiner Übeltaten voll war, holte ihn des Nachts der Teufel aus dem Schlosse Moosham und entführte ihn bei lebendigem Leib in die Hölle. Sein ruhelos umherirrender Geist aber wurde auf das oberhalb Mauterndorfs befindliche Speiereck verbannt. Da er es auf dem Speiereck, wo er Wetter machte, Steine und Felsentrümmer auf das in der Trogalpe, am Fuße des Speierecks, weidende Vieh herabschleuderte und zur mitternächtigen Geisterstunde öfters Besuche von Hexen und Zauberern empfing, gar zu arg trieb, so wurde er auf flehentliches Bitten der Leute, die ihr Vieh nicht mehr auf die Alpe zu treiben getrauten, da sie durch ihn viel Schaden erlitten, in den zuhinterst im Murwinkel befindlichen Rotgüldensee verbannt. Dort haust er nun und erschreckt durch allerlei Schreckgestalten zuzeiten die Wanderer, welche in die Nähe dieses Sees kommen. Er läßt sich bald als feurige Kugel sehen, welche Funken sprühend sich über den See wälzt; bald fährt er auf feurigem Wagen, mit zwei blauen Böcken bespannt, zischend über den See, bald schwimmt er als getigertes Pferd und durchfurcht wild plätschernd die Wellen des sonst ruhigen Sees. Manche Leute erzählen wieder, sie hätten ihn als einen feurigen Schab (Strohgarbe) auf dem See umherschwimmen gesehen. - Es war vor vielen Jahren, als der Jägerhiasl, ein kühner Gemsenjäger aus dem Katschtale, am Gewände oberhalb des Sees herüberstieg; da sah er im See eine ungeheure Schlange mit furchtbaren Augenrändern. Allein der Jägerhiasl ließ sich durch den Anblick nicht schrecken, er nahm seine kugelgeladene Büchse von der Schulter und zielte dem Untier gerade auf die Mitte des riesigen Kopfes - da richtete sich die Schlange haushoch empor und steuerte in gewaltigen Windungen auf den Hiasl los. "Das ist der leibhaftige Schörgen-Toni", dachte sich voll Schrecken der Hiasl, er bekreuzte sich und suchte so schnell ihn seine Füße tragen konnten, das Weite. Seither ließ sich dieser im Rotgüldensee nicht mehr blicken.

Literatur Lungauer Volkssagen. Gesammelt und herausgegeben von Michael Dengg. Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage. Mauterndorf o.J. [1973 (?)], S. 156f. (aktuelle Auflage hier erhältlich)

 

Schloß Das Roggilden-Thal, der Arsenikbau, der Gift-Thurm und der verwunschene Schörgen-Toni (Auszug)

Woher der Name Roggilden (Rothgülden) rühret, müssen wir den Etymologen überlassen.
[...]
Endlich gelangt man über eine Ochsenalpe bis zur Kühalmhütte des Gairingerbauers, wo sich der Roggillenbach wildbrausend aus dem hinteren Thale über Felsen und Gerölle in den malerischsten Formen in die Tiefe stürzt, ringsum zeigen sich Spuren von herabgestürzten Lauwinen, welche die uns umgebenden Bergköpfe (daher hier die Keßelwand) von Zeit zu Zeit herab donnern.
Wir gehen zwischen Steingerölle und Felsenstücken noch eine Weile fort, erglimmen noch eine kleine Anhöhe und ein dunklgrüner See stellt sich dem überraschten Auge dar.
Dieses hohe Seethal ist eines der schönsten Amphitheater; rundum die majestätischen Felsenköpfe ungeheurer Bergriesen, Alpen mit schwindelnden Gewänden, Gletschern und Schneeflächen, und zu unseren Füßen der dunkelgrüne See.
Dieser Seethal-Kessel wird gebildet durch die senkrechten Einläufer und Wände der umstehenden Bergriesen.
Hier wollen wir Umschau halten, und unsere erste Aufmerksamkeit unserm See zuwenden.
Er heißt der "untere See," zum Unterschiede eines zweiten über den Felsenwänden gebetteten oder "oberen Sees," welcher im Felsenborne des steilen "Peter-Ruckens" und des "Hafners" liegt, und sich über die südwestliche Wand in milchweißen Strahlen in den tieferen oder unteren Sees ergießt.
Der heruntere See mag eine halbe Stunde im Durchmesser haben, und bedarf zu seinem Umgange wohl eine gute Stunde.
Er soll in der Mitte bis 80 Klaftern tief sein, und enthält köstliche Salblinge und Forellen.
Den Ausfluß aus dem See bildet eine Bucht, ähnlich dem langen gebogenen Halse eines Schwanes, die Leute heißen diesen Ausfluß den "Seekragen."
Unweit davon stürzt sich der Schwarzmann-Karrbach in den Roggildenbach.
An diesem See sagen die Leute, ist's nicht geheuer. Der verrufene Schergentoni treibt hier auf dem unteren See sein Unwesen.
Im Volke lebt die Sage: daß der in meinem Aufsatze von Moosham schon besprochene Schörgentoni hier hause.
Sein Leib wurde zwar begraben, aber die arme Seele war zur unstätten Wanderung auf unserer Erde bestimmt. Zuerst trieb er wie bekannt sein Unwesen auf dem hohen Speyereck, wo er Wetter machte, Steine und Felsentrümmer auf das herumweidende Vieh herabschleuderte, und in der mitternächtlichen Geisterstunde öfters Besuche von Hexen und Zauberern empfing.
Er setzte die ganze Gegend in Schrecken, und wenn eine Kindswärterin ihren ungehobelten Bengel gar nicht zur Ordnung bringen konnte, so war er gebändigt, wenn sie ihn mit dem verwunschenen Schörgentoni bedrohte.
Die Leute hatten eine entsetzliche Angst vor dem Toni, getrauten sich ihr Vieh nicht mehr zur Alpe zu treiben, und hatten durch ihn viel Schaden.
Auf flehentliches Bitten wurde, durch kräftige Exorcimen, die arme Seele des Schörgen-Toni vom Speyereck-Kopfe weg in den See des Roggillenthales gebannt; da haust er seither und beunruhigt die seltsamen Fremden, die zu dieser Höhe heraufkommen.
Er läßt sich bald als feurige Kugel sehen, welche Funken sprühend sich über den See wälzt; bald fährt er auf feurigem Wagen mit zwei blauen Böcken bespannt zischend über den See, bald schwimmt er als getiegertes Pferd.
Es war vor vier Jahren als der Jägerhiesl, ein kühner Gemsenjäger, aus dem Katschthale am Gewände des oberen Sees herüber stieg, da sah er im See eine ungeheuere Schlange mit furchtbaren Augenrädern; allein der Jägerhiesl ließ sich den Anblick nicht schrecken, er nahm seine kugelgeladene Büchse von der Schulter, und zielte dem Unthier gerade auf die Mitte des riesigen Kopfes - da richtete sich die Schlange haushoch im See in die Höhe, und im schrecklichen Ringelzuge schwamm sie gegen den kühnen Hiesl, "das ist der Schergen-Toni" dachte er - und vor Schrecken bleich - entrann er flüchtigen Fußes.

Literatur Lungau. Historisch, ethnographisch und statistisch aus bisher unbenützten urkundlichen Quellen dargestellt von Ignaz von Kürsinger [...]. Mit artistischen Beigaben. Salzburg 1853, S. 710, 718f.

 

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© Die Gruselseiten (27. Mai 2001)