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Gräfin Dracula, Tochter des Bösen (8) Wahnsinniger
 
Sprecher Michael von Rospatt
Markante Textbeiträge "Gehen Sie! Schnell! Gehen Sie! Gehen Sie schnell!"
"Verletzt ... Verletzt ..."
Zur Person Als Angelo Menares und Pedro Faria das Haus Heinrichs des Seefahrers durchsuchen, stoßen sie in einem Zimmer auf einen völlig verängstigten Mann, der vor lauter Wimmern kaum ein Wort herausbringt, weshalb ihn die die beiden zunächst für wahnsinnig halten. "Er sieht aus, als ob er mit dem Hals in einen Stacheldraht geraten wäre", stellt der aufmerksame Senhor Faria fest, und dennoch haben er und Angelo Mühe, den sich sträubenden Mann mitzunehmen. Nachdem er von Angelos besserer Hälfte Maria verbunden worden ist, tritt Gräfin Dracula auf den Plan, die, wie sich noch herausstellen wird, die Verletzungen verursacht hat. Panisch ergreift der Mann die Flucht und stürzt sich ins Meer, wo er den gräflichen Haien zum Opfer fällt.
Letztlich ungeklärt bleibt die Identität des Mannes. War er einfach nur ein Landstreicher, der vor dem nächtlichen Sturm Schutz suchte und vom Regen in die Traufe kam? Oder gehörte er tatsächlich zu "denen, die das falsche Leuchtfeuer eingerichtet haben", wie Senhor Faria vermutet, und somit das Schiff von Draculas Tochter zum Kentern gebracht haben? Die Gräfin scheint dieser Ansicht zu sein, doch ihr diesbezüglicher Generalverdacht trifft ja jeden, der das Haus Heinrichs des Seefahrers betritt. Die Herkunft des Wahnsinnigen gehört zu den zahlreichen ungelösten Rätseln der Gruselserie.
H. G. Francis verbindet hier zum einzigen Mal in der Gruselserie den Dracula-Stoff mit dem Wahnsinn (Dr. Stein und Dr. Finistra muß man herausnehmen, weil sie in den Frankenstein-Handlungsstrang von Folge 2 gehören), obwohl sich genau diese Symbiose schon in Bram Stokers Roman findet. Ist der Wahnsinnige etwa Francis' Version des Dracula-hörigen Insektenfressers Renfield, der bei Stoker eine große Rolle spielt? Obwohl wir es mit zwei Irrsinnigen zu tun haben, kann man diese Parallele nicht ziehen: Denn während Renfield Dracula völlig ergeben ist, hat der wimmernde Mann des Hörspiels einfach nur eine wahnsinnige Angst vor der Gräfin. Welcher Konvention des Genres ist er statt dessen zuzuordnen? Der erste verständliche Satz, den er spricht, ist eine Warnung an Angelo Menares und Pedro Faria, sofort zu verschwinden. Sein Wahnsinn ist folglich nur ein sekundäres Charakteristikum. In erster Linie gibt er einen gutgemeinten Rat, der - wie könnte es anders sein? - auf taube Ohren stößt. Der Wahnsinnige variiert hier also die undankbare Rolle, die sonst Wirten, einheimischen Reisenden und Kutschern vorbehalten ist: die des vergeblichen Mahners. (dl)
 
 
 

 

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© Die Gruselseiten (15. April 2002)